18.01.2022
Verordnungen von geriatrischer Rehabilitation und Anschlussrehabilitation nach einem Krankenhausaufenthalt sollen einfacher werden – BDH fordert den vollständigen Wegfall des Genehmigungsvorbehalts und ressourcenschonende Antragsverfahren
Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat dazu kurz vor Weihnachten 2021 einen Beschluss zur Anpassung der Rehabilitations-Richtlinie gefasst. Verändert wurde, unter welchen Voraussetzungen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der ambulanten Versorgung für gesetzlich Versicherte verordnet werden können. Der GBA erfüllte damit einen Auftrag aus dem Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (GKV-IPReG). Das Gremium sollte bis Ende 2021 die geriatrische Rehabilitation stärken und einen schnelleren Zugang zu einer Anschlussrehabilitation ermöglichen. Die angepassten Regelungen der Rehabilitations-Richtlinie treten frühestens am 1.Juli 2022 in Kraft. Zuvor muss das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Änderungen prüfen.
Geriatrische Reha: Zugang mit zwei Funktionstests
Verordnen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte künftig Versicherten im Alter ab 70 Jahren eine geriatrische Rehabilitation, prüfen gesetzliche Krankenkassen nicht mehr, ob die Maßnahme medizinisch erforderlich ist.
Dazu müssen die Vertragsärztinnen und -ärzte zukünftig anhand festgelegter Kriterien den medizinischen Bedarf der geriatrischen Rehabilitation überprüfen und auf der Verordnung die rehabilitationsbegründenden Angaben machen. Dazu gehören neben dem Alter der Patientin oder des Patienten Informationen zur medizinischen Diagnose sowie zu den körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkungen. Mit zwei Funktionstests müssen diese Diagnosen ärztlicherseits überprüft und auf der Verordnung dokumentiert werden.
Der BDH befürchtet, dass durch die neue Richtlinie bürokratischer Aufwand schlicht auf die Schultern der Ärzteschaft verlagert wird und sieht auch die Herausnahme der Prüfungspflicht dieser einen Rehaform in Bezug auf andere Rehaformen wie der neurologischen Rehabilitation kritisch.
„Schon heute zeigt sich eine Altersdiskriminierung in der Reha. Ältere neurologisch erkrankte Menschen werden häufig in die geriatrische Reha gedrängt, weil diese günstiger ist“, so Ilse Müller, Vorsitzende des Sozialverbandes und Klinikträgers. „Der BDH wird deshalb die Entwicklungen und die Umsetzungspraxis kritisch begleiten. Eine Verschärfung der neurologischen Rehabilitationssituation für ältere Patientinnen und Patienten ist mit uns nicht zu machen“, so Müller weiter.
Anschlussreha: Prüfung entfällt bei manchen Krankheiten
Bei der Anschlussrehabilitation (früher: Anschlussheilbehandlung) entfällt bei bestimmten Krankheitsbildern ebenfalls eine Vorab-Überprüfung der medizinischen Erforderlichkeit durch die gesetzlichen Krankenkassen. Beispielsweise bei Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufsystems, Krebserkrankungen sowie bei der Behandlung des Bewegungsapparats, der Atmungsorgane und auch bei den neurologischen Erkrankungen. Grundvoraussetzung bleibt, dass bei den Versicherten die Voraussetzungen für eine Rehabilitation (Rehabilitationsbedürftigkeit, -fähigkeit, -ziele und positive Rehabilitationsprognose) vorliegen.
Aus Sicht des BDH ist das zwar ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, aber bei weitem nicht ausreichend. Vor allem Menschen mit chronischen neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Morbus Parkinson und Menschen mit neurologischen Folgen nach Schlaganfall benötigen, um eine optimale Teilhabe sicherzustellen, auch im Verlauf ihrer Erkrankung immer wieder Rehaaufenthalte und das nicht nur nach akuten Krankenhausaufenthalten.
Betroffene klagen in den BDH-Sozialrechtsberatungen immer noch über überbordende Antragsverfahren und häufige Ablehnungen von Rehamaßnahmen. „Etwa jeder sechste Rehaantrag wird heute abgelehnt. Im Gegensatz dazu wird jedem zweiten Widerspruch stattgegeben. Das hat wenig mit Patientenorientierung in der Rehabilitation zu tun“, kritisiert Gero Skowronek, Bundesgeschäftsführer des BDH Bundesverband Rehabilitation, „den Zugang zu Rehaverfahren zu erleichtern, gehört deshalb zu den dringlichsten Zielen unser BDH-Sozialagenda 2021. Hier besteht nach wie vor erheblicher Handlungsbedarf. Langwierige Antragsverfahren und Entscheidungen nach Aktenlage sind zu ressourcenintensiv. Das macht wenig Sinn: medizinisch und ökonomisch“, führt Skowronek weiter aus, “Für die Rehabilitation – eines der wichtigsten Gesundheitsinstrumente, die wir haben, fordern wir deshalb generell den Wegfall des Genehmigungsvorbehalts und zwar uneingeschränkt für alle Indikationen“.
Der BDH, der große deutsche Sozialverband und Klinikträger, ist führend auf dem Gebiet der Rehabilitation von neurologischen Patienten. Der BDH bietet soziale und sozialrechtliche Beratung und professionelle Vertretung vor Behörden und den Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit sowie ehrenamtliche soziale Betreuung an.
Der BDH hat in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gebiet der neurologischen Rehabilitation Pionierarbeit geleistet und Einrichtungen gegründet, die bis heute Maßstäbe setzen und von allen gesetzlichen und privaten Krankenkassen, den Berufsgenossenschaften, Rentenversicherungen und Versorgungsämtern sowie der Bundesanstalt für Arbeit in Anspruch genommen werden. In der Trägerschaft des BDH befinden sich heute fünf über ganz Deutschland verteilte neurologische Kliniken in Braunfels (Hessen), Elzach (Baden-Württemberg), Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern), Hessisch Oldendorf (Niedersachsen) und Vallendar (Rheinland-Pfalz) . Dazu kommen die BDH-Klinik Waldkirch für Chirurgie und Innere Medizin, das Rehabilitationszentrum für Jugendliche in Vallendar und das BDH-Therapiezentrum Ortenau mit Standorten in Offenburg und Gengenbach.
Die stationäre neurologische Rehabilitation in den BDH-Kliniken nimmt einen wichtigen Stellenwert innerhalb des Leistungsangebotes des BDH ein, um Menschen nach einem Unfall oder sonstiger neurologischer und geriatrischer Krankheit Unterstützung auf dem Weg zurück ins Leben zu bieten.
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